Fritz Blohm

In der Rostocker Zeitung vom Sonntag, den 09.03.1873, ist folgende Anzeige zu lesen:
„Am Freitag Nachmittag 3 1/2 Uhr wurde uns ein Sohn geboren.
Rostock, den 8. März 1873.
Fr. Blohm und Frau, geb. Havemann“
Der am 07.03.1873 geborene Sohn erhielt die Vornamen August Heinrich Hugo Friedrich. Der Vater Friedrich Blohm und der Großvater H.F. Blohm waren Tischler und hatten Haus und Werkstatt in der Grapengießerstraße 10. Der Großvater starb um 1850, Vater Friedrich Blohm übernahm 1864 die Werkstatt von seiner Mutter. Im Haus waren einige Wohnungen oder Zimmer vermietet. Nach der Geburt von Fritz hatte die Familie wohl Eigenbedarf, die Zahl der Mieter sank von drei auf zwei.

Einige Jahre später, am 13.11.1898 zeigt Fritz Blohm eine Geschäfts-Eröffnung in der Rostocker Zeitung an:

blohm-rz-1898-11-13-KopieIm Jahr 1899 nimmt Blohm an der Norddeutschen Photogaphischen Ausstellung in Hamburg teil, wo seine Arbeiten prämiert werden.
Fritz Blohm war lt. Volkszählungsliste im Jahr 1900 verheiratet. Dies war zur Volkszählung 1919 auch noch so. Die Kinder Fritz, Ilse und Gerda wurden 1900, 1905 und 1906 geboren. Die Einkünfte reichten für die Anstellung eines Dienstmädchens.
Blohm war Mitglied des Verbandes Mecklenburger Photographen. Dem Verband gehörten nur Berufsfotografen an. Von 1918 bis 1922 war Fritz Blohm Beisitzer im Vorstand. Innerhalb des Verbandes gab es in den größeren Städten Ortsgruppen. Im Vorstand der Ortsgruppe Rostock engagierte sich Fritz Blohm von spätestens 1920 mindestens bis 1931 als erster Vorsitzender.
Im Jahr 1905 wird er Mitglied des Rostocker Yacht-Clubs und bleibt es bis mindestens 1928.

Zusammen mit Heinrich Zabel, Ulrich Reinholdt und Sebastian Maaß gehörte Fritz Blohm zur letzten Generation der Rostocker Atelierfotografen, die Visit- und Kabinettformate auf Hartpappe aufzog.

Über die Fotografien, die die Zeiten überdauert haben, sind ein paar weitere Rückschlüsse auf Fritz Blohm möglich.
blohm-maedchen-1899-cdv-Kopie-1Dieses Bild im Visitformat entstand 1898/1899, bevor Blohm an der Hamburger Ausstellung teilnahm. Auf der Rückseite findet sich der Verweis zu August Best, in dessen Nachfolge sich Blohm sah, obwohl Best das Atelier schon sechs Jahre zuvor abgegeben hatte.
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blohm-fritzsche-1899-kab-KopieDiese beiden Kabinettfotos entstanden Anfang des Jahres 1899 und zeigen die Sopranistin Ada Fritzsche. Das untere Bild ist ein Kabinett-Überformat, allein das Foto ist 10×19 cm groß, also ca. 4 cm länger als üblich.

Ada Fritzsche sang am 01.03.1899 am Rostocker Stadttheater in einer einmaligen Aufführung des „Tannhäuser“. In der Rostocker Zeitung vom 28.02.1899 ist angekündigt, dass Frl. Fritzsche die Partie der Venus singen werde und nicht wie auf obigen Bild vermerkt die der Elisabeth. Ada Fritzsche war zuvor für zwei Spielzeiten von 1896 bis 1898 am Stadttheater Elberfeld engagiert gewesen. Danach scheint sie keine festen Engagements gehabt zu haben. Vielleicht hat sie auch geheiratet und den Namen des Gatten angenommen und ist so aus dem Blick geraten. Aus der Zeit in Elberfeld sind auch Fotos erhalten. Dort ließ sich Ada Fritzsche vom Hoffotografen Eugen Kegel ablichten, unter anderem im Kostüm der „Alice“ aus der Oper „Robert der Teufel“ von Giacomo Meyerbeer.

blohm-frau-nach1899-rueckcdv-KopieAb 1899/1900 verwendet Fritz Blohm Untersetzkartons dieser Gestaltung. Die Kartons gibt es in unterschiedlicher Farbigkeit, mit oder ohne Goldschnitt. Das Schriftdesign bleibt bis in die 1920er Jahre bestehen. Wie schon bei August Best ist bei Fritz Blohm die Namensgestaltung der Handschrift nachempfunden:
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Von den Kindern des Superintendenten und Pastors von St. Jakobi, Ludwig Siegert, haben sich einige Fotos erhalten. Siegert hatte seine Kinder in den 1890er Jahren im Atelier Hopfenmarkt 14 bei A. Arnold und dann bei H. Grass fotografieren lassen. Dann wechselte er kurz vor 1900 zu Raphael Peters in die Breite Straße. Als Peters das Atelier an seinen Sohn übergab, wechselte Siegert ein weiteres Mal – zu Fritz Blohm. Dass Siegert das Atelier Hopfenmarkt 14 verließ könnte daran liegen, dass Sebastian Maass, der Nachfolger von H. Grass, Katholik war.
Da Siegert Vater von einer Tochter und sieben Söhnen war, ist die namentliche Zuordnung nicht immer möglich.
siegert-vor1905-blohm-kVisitporträt um 1900. Peitsche und Hund deuten daraufhin, dass das abgebildete Kind (trotz Mädchenfrisur) wohl ein Siegert-Sohn ist.
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siegert-brudereinsundzwei-1903-KopieDie beiden CDV und das Kabinettformat der Siegertschen Kinder sind 1903 (Prägestempel unten rechts auf dem KAB) während einer Sitzung entstanden. (Kleidung ist identisch)
siegert-alexander-sept1903-blohm-gold-1-KopieAlexander Siegert, wohl auch 1903 aufgenommen. Fünf Jahre später hat Blohm ein weiteres Bild aufgenommen, auf dem Alexander abgebildet ist.
blohm-kostueme-ak-1908-bearb-KopiePostkartenformat. Links unten farblich etwas abgesetzt die Prägung BLOHM ROSTOCK 1908, rechts unten eine „30“ im Negativ, was darauf schließen lässt, dass Blohm bei dieser Veranstaltung eine Vielzahl von Aufnahmen gemacht hat. Die Kinder und Jugendlichen, gekleidet als Pierrots, scheinen allesamt den besseren Schichten anzugehören. Der zweite von links ist Alexander Siegert, außerdem ist knieend Hermann Siegert abgelichtet. Zwei andere sind Kinder von Albert bzw. Adolph Clement.
blohm-werther-mutter-1903-cdv-KopieAbgebildet auf diesem CDV aus dem Jahr 1903 ist Linda Werther, die Frau des damaligen Sparkassendirektors Wilhelm Werther. Die Familie hatte sich schon von August Best und Emma Beese ablichten lassen.

1902 fotografierte Blohm den Stapellauf des Dampfers „Prinz Sigismund“ auf der Neptun-Werft.
blohm-sigismund-1902-fo-1-Kopie

Im „Rostocker Anzeiger“ wurde am 25.09.1902 gejubelt: „Der Stapellauf dieses Ozeanriesen darf daher als ein Wahrzeichen in der Entwicklung der bedeutendsten Industriestätte Mecklenburgs angesehen werden.“ Das Schiff war für die HAPAG auf der Hamburg-Amerika-Linie im Einsatz. Der Dampfer wurde im 1. Weltkrieg von der US Navy konfisziert und fuhr bis 1945 als USS „General W. C. Gorgas“. Danach wurde  das Schiff in die Sowjetunion transferiert und hieß dann „Michail Lomonossow“.
blohm-frau-nach1899-cdv-KopieAus den 1900er Jahren stammt auch dieses Bild. blohm-oma-enkel-1908-cdv-bearb-KopieEbenso gut ausgeleuchtet ist diese CDV im Querformat von 1908. (Prägung unten rechts)
blohm-krause-sass-cdv-KopieDieser Herr ließ sich im Jahr 1906 als Mitglied des Deutschen Flottenvereins ablichten, was man an der Mützenkokarde ablesen kann. Auf der Bildrückseite dankt der Abgebildete seiner Wirtin Frau Sass. Anna Sass war Witwe und hat sich mit Untervermietungen wohl etwas dazuverdient. Im Rostocker Adressbuch findet sich Anna Sass aber nicht, wahrscheinlich wohnte sie bei Verwandten selbst zur Untermiete.

Blohm inserierte im Vergleich zu anderen Fotografen relativ selten in den Rostocker Tageszeitungen. Im Jahr 1906 warb er mit dem Einsatz von rauchfreiem Blitzlicht.blohm-ra-1906-10-16-k                                   Rostocker Anzeiger, 16.10.1906

1907 hatte dann der elektrische Strom Einzug ins Blohmsche Atelier gehalten: „Bei entretender Dunkelheit werden Aufnahmen bis 7 Uhr abends mittel neu erfundener elektr. Lichtanlage in tadelloser Ausführung angefertigt.“ (letzter Satz folgender Anzeige)
blohm-ra-1907-11-19-kRostocker Anzeiger, 19.11.1907

blohm-soldaten-1915-cdv-2-KopieCDV von 1915, Prägung im Bild unten rechts
Es hat den Anschein, dass Fritz Blohm nicht als Soldat in den 1. Weltkrieg gezogen ist. Das nächste Bild aus dem Jahr 1917 zeigt Kriegsgefangene, die wohl Kaninchen züchteten und Kohlrabi anbauten.

blohm-kriegsgefangene-1917-ak-Kopie
Fotopostkarte. 1917 gelaufen

Blohm lichtete auch den Kriegshelden und gebürtigen Rostocker Karl-August Nerger ab. Nerger war für seine Leistungen bei der Kaiserlichen Marine mit dem Pour le Mérite ausgezeichnet worden und erhielt 1919 in Rostock Ehrendoktor- und Ehrenbürgerwürden.

Karl-August Nerger; Kabinettformat. © Sammlung Lüthje
Karl-August Nerger; Kabinettformat. © Sammlung Lüthje

blohm-kleinkind-1921-kab-Kopie-kKabinettfoto von 1921. Zu diesem Zeitpunkt haben Fotografien im Postkartenformat die Visit- und Kabinettformate nahezu abgelöst.
blohm-1923-beleg-KopieQuittungsbeleg für Herrn Franke aus dem Jahr 1923, kurz nach der Währungsreform. Auch dieser Kunde gehörte zu den Besserverdienern.
Es sind auch einige Freilichtaufnahmen von Blohm überliefert. Der zeitlich früheste Beleg ist eine Ansichtskarte, die im Jahr 1905 postalisch befördert wurde.

blohm-heinrich-sekt-1905-ak-Kopie

Im Jahr 1909 fotografierte Fritz Blohm das Gasthaus „Zum weißen Kreuz“ und kolorierte es sehr ansehnlich.blohm-weisses-kreuz-1909-ak-Kopie

blohm-weisses-kreuz-1909-ak-ausschnitt

blohm-biestow-1920er-ak-KopieDieser Gruß aus Biestow wurde in den 1920er Jahren verschickt. Im Bild links oben hat Fritz Blohm an der Kirchturmspitze deutlich nachgebessert. blohm-biestow-1920er-ak-Kopie-k
Auch die nächste Aufnahme wurde in Biestow gemacht, jedoch einige Jahre eher.

blohm-biestow-fkRechts unten im Bild hat sich der Fotograf verewigt.blohm-biestow-Kopie-a

Das Fährhaus in Gehlsdorf fotografierte Blohm mehrfach in den 1920er Jahren.
blohm-faehrhaus-ak-Kopie
blohm-gehlsdorf-faehrhaus-1925-ak-b-Kopie
Im Jahr 1929 oder 1930 zieht Fritz Blohm nach mehr als 30 Jahren aus dem Atelier in der Blutstraße in die Breite Straße 24. Unter dieser Adresse gab es von 1895 bis 1920 ein Atelier. In dieser Zeit versuchten dort 10 verschiedene Fotografen ihr Glück. Auch Fritz Blohm bleibt nicht lange, denn von 1932 bis 1936 hat Blohm sein Atelier in der Schnickmannstraße 6.
adressbuch-1934-photographen-1Ausschnitt aus dem Berufsteil des Rostocker Adressbuchs von 1934.

1937 verstirbt Fritz Blohm.blohm-ra-1937-07-07-Kopie                            Rostocker Anzeiger, 07.07.1937

Das Atelier in der Blutstraße wird zu Wohnzwecken umgebaut.
blutstr1930-klein-1Ausschnitt aus dem Umbauplan von 1930. (Rechte: HRO, Bauamt. Veröffentlichung mit Genehmigung des Hauseigentümers) Das eigentliche Atelier befand sich in den dunkelgrau gekennzeichneten Bereichen, Dunkelkammer etc. wahrscheinlich im hellgrau markierten Bereich und der Empfangsraum im marmorierten Bereich.
blut-1944-KopieDas Glasdach wurde durch Dachpappe ersetzt. Die Bombardierungen des 2. Weltkrieges überstand das Haus unbeschadet, wie auf diesem Bild aus dem Jahr 1944 zu sehen ist.
blutstr-2012Seit einigen Jahren gibt es in der Blutstr. 14, heute Kröpeliner Straße 14, wieder ein Geschäft mit Bezug zur Fotografie. Auch dieses Geschäft hat eine lange Tradition.bremen-dose-frauen-cdv-KopieAber das ist eine andere Geschichte.

 

 

 

 

 

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