George Hornemann kam Anfang des Jahres 1863 nach Rostock. Die folgende Anzeige ist der früheste Beleg seiner Tätigkeit in Rostock.
Hornemann wurde am 06. Januar 1837 in Stavenhagen geboren. Das Fotografenhandwerk lernte er wohl bei seinem Vater Carl (Jg. 1808), mit dem er in den 1850er Jahren unter dem Namen C. Hornemann und Sohn als Wanderfotograf durch Mecklenburg zog. Von 1860 bis 1862 waren Vater und Sohn als Fotografen in Stavenhagen ansässig.
Das Atelier in Rostock lag parterre, die Aufnahmen selbst wurden in einem Glashaus im Hof gemacht.
Der Glassalon hatte wahrscheinlich eine feste Wand auf der Südseite. Die Seitenwände werden ca. einen Meter an die Südseite anschließend fest gewesen sein und dann fortlaufend aus Glas. Das Dach war ebenso konstruiert. Die Wand zur Nordseite war wohl vollständig aus Glas. Die Kunden saßen vor der Südwand und Hornemann stand mit seinem Apparat auf der Nordseite. Diese Verfahrensweise hatte zur Folge, dass die Kunden mit viel Ober- und Vorderlicht fotografiert wurden. Von den anderen Rostocker Fotografen der 1860er Jahre unterschied sich Hornemann vor allem dadurch, dass er seine Modelle oft vor Hintergründen fotografierte, die Raumwirkungen suggerierten.
Während beim rechten Bild die Illusion eines Raumeindrucks wegen des Vorhangs nicht funktioniert (vielleicht auch nicht gewollt war), ist diese bei dem Bild mit dem Herrn recht gut gelungen. Gut zu erkennen ist die Wirkung des reichlichen Ober- und Vorderlichts, z.B. auf den Gesichtern und auf dem Blatt (Zeitung?), das der Herr in der Hand hält. Und es sind einige weitere typische Accessoires der 1860er in beiden Bildern zu erkennen: der kleine runde Tisch, der Vorhang, dicke Kordeln mit Quasten, ein Teppich (oft etwas wellig, oft auch zu kurz).
Auch die Kleidung der Herrschaften bestätigt die Entstehungszeit. Der Herr trägt einen (etwas merkwürdig geknöpften) Gehrock, eine typische Oberbekleidung der frühen 1860er Jahre. Die Frau trägt ein Krinolinenkleid mit weit ausfallenden sogenannten Pagodenärmeln mit Posamenten – ebenfalls ein typisches Kleidungsstück der frühen und mittleren 1860er Jahre.
Das Bildnis des Herrn wird wohl etwas älter sein, nicht zuletzt deshalb, weil die Rückseite des Bildes etwas schlichter gehalten ist.
Die beiden nächsten Bilder zeigen einen anderen perspektivischen Hintergrund.
Entstanden sind diese Bilder Ende der 1860er Jahre. Hier ist es das rechte Bild, das am ehesten einen räumlichen Eindruck entstehen lässt. Die abgebildete Dame verdeckt mit ihrem Krinolinenrock den vermeintlichen Fußboden des Hintergrunds, dessen Übergang zu dem eigentlichen Teppichfußboden bei der Betrachtung des Herrenbildnisses als misslungen anzusehen ist. Wie auf den obigen Abbildungen hängt auch hier etwas unpassend ein Vorhang mit dicken Kordeln über dem Hintergrund. Und es stellt sich die Frage, warum ein Jäger in der Nachbildung eines Interieurs fotografiert wird und nicht vor einer Landschaft wie oben. Otto Buehler schrieb 1869 in seinem Werk „Atelier und Apparat des Photographen“: „Die gemalten Hintergründe stellen in verschiedenen Graden der Geschmacklosigkeit entweder landschaftliche oder architektonische Gegenstände dar …“
Auf dem rechten Bild ist mit dem geschnitzten Sekretär ein weiteres typisches Accessoire der 1860er Jahre zu sehen.
Beide Visitporträts haben auf der Rückseite obigen Aufdruck.
Hornemann war mittlerweile in die Blücherstraße 13 umgezogen. 1867 hatte er die Blücherstraße 13 vom Maurermeister Voß gekauft. Bevor er das Haus kaufte, hatte dort 1866/67 hatte H. Steffens ein Atelier betrieben. Mindestens bis zu seinem Auszug 1894 bleibt Hornemann Hauseigentümer.
Es ist zu vermuten, dass das Glashaus im Hof dasselbe blieb wie unter der Adresse am Hopfenmarkt.
Dieses Visitporträt wurde um 1870 aufgenommen. Der Herr lehnt am schon erwähnten Sekretär. Am linken Bildrand ist über dem Sekretär zu erkennen, dass der Hintergrund mit Reißzwecken an der Wand befestigt ist. Rechts neben der Dame der ebenfalls schon bekannte Vorhang, die Kordel wurde etwas zur Seite genommen. Der Teppich ist faltig und zu kurz. Die Frau macht durch ihren Blick in die Kamera einen selbstbewussten Eindruck. Das Kleid hat enge Ärmel, was auf das Ende der 1860er Jahre hinweist. Auch die seitlichen Locken und der Zopfkranz waren Ende der 1860er Jahre in Mode.
Der Vorhang rechts im Bild hatte neben der dekorativen auch eine praktische Funktion. Wahrscheinlich hatte Hornemann zwei verschiedene Hintergründe nebeneinander angebracht, der Vorhang verdeckte jeweils den zweiten. Im nächsten Bild fehlt dieser Vorhang und so ist rechts ein Hintergrund zu sehen, der sich doch deutlich von jenem links neben der „Säule“ unterscheidet.
Auf diesem Bild aus den 1870ern findet sich wieder der Sekretär. Die Gestaltung der Rückseite gibt es ganz ähnlich auch bei anderen Fotografen, so bei H. Kriegsmann aus Flensburg.
Hier hat eine Dame ihren Hausrat aufgetischt: Miniherd mit Töpfen, Sauciere, Teller und Schüssel. In der Hand hält die Frau wohl einen Schneebesen. Der Fotograf hat den Teppich eingerollt, die Möbel wirken sachlich.
Militärs gingen zu Hornemann (1870er Jahre) …
Frauen (1880er) …
und Kinder (um 1890).
In den 1880er und 1890er Jahren verweist Hornemann in den Zeitungsanzeigen in steter Regelmäßigkeit auf sauberste Ausführung und billige Preise.
Im Jahr 1894 gibt er sein Atelier nach mehr als 30 Jahren auf und zieht in die St.-Georg-Straße 54. Max
Hoth, der Besitzer des neuerbauten Hotels „Rostocker Hof“, das unter anderem den Platz des Hauses Hopfenmarkt 13 einnahm, versuchte das Hornemannsche Atelier zu verkaufen. Ohne Erfolg.
In den 1860er und 1870er Jahren hat er nicht wenige Vertreter der Rostocker Oberschicht fotografiert (z.B. Burchard, Mann). In dieser Zeit gehörte er zusammen mit Steenbock, Dethleff und Strauss wohl zu den erfolgreichsten Rostocker Fotografen.
Und noch etwas Biografisches: Hornemann hatte bereits kurz nach seiner Ankunft in Rostock im Juli 1863 das Rostocker Bürgerrecht erworben. Auch das Wahlrecht erwarb er. Zumindest zeitweise gehörte er der Wählerklasse II an, was für einen relativen Wohlstand spricht. Von 1871-1876 war Hornemann Mitglied im Kunstverein. Er war mit einer Französin verheiratet. Sie hatten einen Sohn. Ab 1915 finden sich die Hornemanns nicht mehr im Adressbuch.