Auf Ansichtskarten des frühen 20. Jahrhunderts aus den Ostseebädern Arendsee, Brunshaupten, Graal und Müritz finden sich oft die Kürzel FR oder FR phot. oder auch der Name Reincke. All diese Bezeichnungen stehen für den Landschaftsfotografen Friedrich Reincke.
Friedrich Reincke wurde als Sohn eines Schuhmachers 1868 in Kröpelin geboren. Ab Mitte der 1890er Jahre führte Reincke in Kröpelin ein Atelier für Photographie und Kunstgewerbe.
Wohl eher nebenbei studierte er an der Kunstakademie Dresden Malerei. Spätestens ab dem Jahr 1900 fotografierte Reincke an der Küste. Zu dieser Zeit gab er auf den Karten Adressen in Dresden als seinen Firmensitz an. In den Dresdner Adressbüchern findet sich Friedrich Reincke unter den angegebenen Adressen allerdings nicht. Vermutlich lebte er dort nur zur Untermiete und ist deshalb nicht verzeichnet. 1902 heiratete er Martha Bechler aus dem ostpreußischen Schöneberg. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor.
In der Frühzeit seines Schaffens in Mecklenburg verlegte er seine Karten selbst, sein Name ist vollständig erwähnt.
Der älteste Beleg von Friedrich Reincke ist eine im Jahr 1900 gelaufene Ansichtskarte aus Brunshaupten.
Unten auf der Karte findet sich die Urheberangabe: Reincke & Häusler, Dresden – A., Ostraallee 11. Bald darauf führte er die Firma allein weiter und zog in die Ostbahnstraße um.
Links neben dem Bild ist vermerkt: Fr. Reincke, Dresden – A., Ostbahnstr. 18.
Spätestens im Jahr 1902 war Reincke in Rostock.
Bei der Ansicht des Hafens ist Reinckes Dresdner Adresse angegeben, auf den beiden anderen Brunshaupten. Die Schrifttype der Motivbezeichnungen ist identisch, auch zu den beiden obigen Karten von Brunshaupten. Alle Rostocker Karten sind nummeriert, der Blücherplatz mit 1126, das Theater mit 1132 und der Hafen mit 1135. Bemerkenswert ist, dass Reincke sich zu Fotografieren immer eine erhöhte Position suchte. Den Blücherplatz nahm er wohl von einem Hausdach auf, den Fischerhafen von der Fischerbastion, und das Theater vom neuerbauten Elektrizitätswerk.
Und zum Fotografieren des Lagebuschturms stand Reincke wohl auf einem Balkon oder Hausdach in der Neuen Wallstraße:
Die Schrifttype auf der Karte unterscheidet sich von den vorherigen, die Karte ist vermutlich etwas später hergestellt worden als die anderen drei.
Auch in Warnemünde war Friedrich Reincke zu Beginn des 20. Jahrhunderts:
Das Hotel Seestern (später Haus des Sports) ist ein guter Beleg dafür, dass man sich in Warnemünde schon seit mehr als 100 Jahren große Mühe gibt, den Ort zu verschandeln. Das große Schiff rechts im Bild heißt „Rügen“ und gehörte wohl zur Kaiserlichen Marine.
Während auf der ersten Warnemünde-Karte Friedrich Reincke seine Dresdner Adresse angab, ist es auf den nächsten Karten Brunshaupten. Wie die Rostock-Ansichten weisen die Karten dieselbe Schrifttype auf und sind nummeriert.
Seine gemalten Motive verlegte Friedrich Reincke als Künstlerkarten.
Wie bereits am Anfang erwähnt, fotografierte Friedrich Reincke in den Badeorten Arendsee, Brunshaupten, Graal und Müritz. Hier nun die bildlichen Belege dafür, beginnend in Arendsee.
Wie die frühen Karten aus Rostock und Warnemünde weist auch diese Karte eine leicht kursive Schrifttype auf und eine Nummer.
Die nächste Aufnahme wurde bereits 1902 befördert. Auf der Vorderseite findet sich das Kürzel FR phot und eine „02“, die wohl für das Jahr 1902 steht, in dem das Bild entstand.
Häufig fotografierte Reincke bei oder nach bewegter See.
Mehrfach fotografierte Reincke die zu Beginn des 20. Jahrhundert errichteten Hotels „Hansahaus“ und „Schloss am Meer“.
Ab den 1910er Jahren wurden auch Fotoabzüge als Karten verkauft, wie die beiden folgenden vom Hansahaus.
Auch vermeintlich ländliche Idyllen zählten zu den Standardmotiven.
Zu klären wäre noch, wo das Bauernhaus tatsächlich stand, denn auch mit der Ortsbezeichnung Graal verlegte Reincke diese Karte.
In Brunshaupten hat Friedrich Reincke mehrfach das Herrenbad fotografiert.
Für viele Motive hat Reincke sehr wahrscheinlich Komparsen engagiert, zumeist weibliche.
Die obige Karte ist unterschiedlich nummeriert, auf der Vorderseite mit 03-1065 (die letzte Zahl ist geraten, könnte auch eine 6 sein), wobei die 03 wohl für das Jahr 1903 steht und rückseitig mit 1036, was sehr gut zur Karte zuvor passt.
Manchmal verirrte sich auch ein Mann ins Bild:
Auch Kinder fotografierte Reincke:
Die vorherigen vier Karten stehen beispielhaft dafür, dass Friedrich Reinckes Karten insbesondere in Brunshaupten nicht nur von den Bartelmanns sondern auch von anderen Kaufleuten vertrieben wurden.
Die Badegäste konnten sich formvollendet von Friedrich Reincke für einen Gruß an die Lieben ablichten lassen:
Auch in Stadtbildaufnahmen integrierte Reincke gern Menschen.
Strandansichten waren häufige Motive, wie bei den Rostocker Karten dominieren hier Schrägaufnahmen.
Das Schiff an der Landungsbrücke ist die „Fürst Blücher“. In einem der Sandwälle ist die Jahreszahl 1913 zu erkennen, vermutlich wurde die Aufnahme also 1913 gemacht.
Neben den Strandansichten hatte Reincke weitere Häufigkeitsmotive im Programm.
Und noch einige Landschafts- und Wetterbilder:
Und noch zwei letzte Bilder von Brunshaupten mit Komparsen:
Karten von Friedrich Reincke wurden auch noch Ende der 1930er Jahre verkauft, als Arendsee und Brunshaupten zu Kühlungsborn fusioniert waren.
Auch in Heiligendamm drückte Reincke auf den Auslöser:
Nun noch die Ostseebäder Graal und Müritz und deren Umgebung.
Und nun direkt nach Graal. Auf der ersten Karte hat Wilhelm Bartelmann seine eigenen Strandkörbe ablichten lassen. Der Namenszug Bartelmann lässt sich auf den Korbrückseiten ablesen.
Die nächste Karte ist eines der ganz wenigen kolorierten Exemplare.
Und weiter in Müritz:
Und noch drei ländlich-nostalgische Motive:
Ab ca.1907 hatte Reincke Hauptwohnsitz und Betriebsstätte in München. In der Oberländerstraße 7 in Sendling wurde der Betrieb Friedrich Reincke – Bromsilberdruck – Photographischer Verlag eingerichtet.
Von hier reiste Reincke für seine Fototouren an die Ostsee, aber auch nach Opatija in Kroatien und an die italienische Riviera. Natürlich fotografierte er auch in München und Umgebung.
1945 starb Friedrich Reincke in München.
Den Weiterbetrieb des Photographischen Verlages übernahm 1948 der jüngste Sohn Fritz Reincke. Nach dessen Tod im Jahr 1994 wurde der Photographische Verlag Friedrich Reincke mangels Nachfolger aufgelöst.