Friedrich Miede, geboren 1827 in Göttingen, entstammte einer Pastorenfamilie. Von 1858 – 1897 war Miede als Fotograf in Rostock tätig. Im August 1858 eröffnete er sein Atelier in der Koßfelderstraße 28. Im Oktober 1858 nahm Miede an der Landes-Gewerbe-Ausstellung in Rostock teil und stellte laut Katalog „Fünf Rahmen mit Photographien“ aus. Auch in den Jahren 1872 und 1892 nahm er an den Ausstellungen in Rostock teil. 1872 erhielt er einen Zweiten Preis. Im Gegensatz zu seinen Berufskollegen ließ er diese Auszeichnung nicht auf den Untersetzkartons der Fotografien verewigen. Am 02.08.1892 schreibt der Rostocker Anzeiger: „Mit Raphael Peters wetteifert Fr. Miede in Architektur- und Landschaftsaufnahmen,…“.
Miede inserierte in den fast vierzig Jahren seines Schaffens nur selten in den Rostocker Zeitungen. Hier einige Beispiele:
Er zog mit dem Atelier mehrfach um. Das allein ist nicht sonderlich ungewöhnlich, allerdings wurden mit Ausnahme der Langen Str. 64 die Atelieradressen nicht (wie üblich) durch Nachfolger belegt. Auch war Miede selbst kein Ateliernachfolger an den verschiedenen Adressen. Daraus lässt sich schließen, dass Miede wohl ein mobiles Glashaus hatte, in dem er die Kundschaft ablichtete. Wenn er umzog, nahm er Apparate und Glashaus mit. Für einen Nachfolger war somit die Adresse nicht attraktiv. Da nur wenige Porträtaufnahmen von Miede überliefert sind ist davon auszugehen, dass er sich mehr der Stadtbildfotografie widmete. Er war auch in Warnemünde tätig. Dazu später mehr.
Hier die Übersicht der Ateliers:
1858-1860 Koßfelderstr. 28
1861-1864 Glatter Aal 1
1865-1870 Am Schilde 6
1870-1879 Eselföterstr. 11
1880-1884 Langestr. 64
1885-1887 Gr. Wasserstr. 28
1888-1892 Koßfelderstr. 7
1894-1897 Burgwall 13
Auf den Untersetzkartons wurden mit Ausnahme des Ateliers in der Eselföterstraße die Adressen der Ateliers nicht erwähnt, was die zeitliche Einordnung der Fotografien erleichtert hätte. Trotzdem lässt sich eine grobe zeitlich Einordnung vornehmen.
Bei den kommenden Abbildungen der Vorderseiten wird entsprechend auf Rückseiten / Etiketten A1 bis A6 verwiesen. Auf die in den 1880er und 1890er hergestellten Kabinettfotos ist auf der Vorderseite des Untersetzkartons der Name des Fotografen aufgedruckt und im Folgenden mit abgebildet.
Machen wir uns mit Friedrich Miede auf den Weg durch das Rostock in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Der Hafen wurde von der Fischerbastion aufgenommen. Gleich neben der Fischerbastion steht das in den 1870er Jahren Anatomische Institut.
Von dort ist es nicht weit zum Kröpeliner Tor, das zu den meistfotografierten Motiven Rostocks gehört.
Daraus ein Ausschnitt:
Von dort geht es weiter zur Jakobikirche, die allerdings so zugebaut war, dass die technischen Möglichkeiten nicht ausreichten, lange vor 1900 die Kirche von außen abzulichten.
Der Farbton des Bildes unterscheidet sich deutlich von den vorherigen, er ist blau-grau anstatt bräunlich. Ursache ist das verwendete Fotopapier. Es ist ein Gelantinepapier und kein Albuminpapier.
Und weiter geht es zur Universität, zuerst zum Vorgängerbau des heutigen Hauptgebäudes.
Und ein Ausschnitt:
Und schon sind wir am Neuen Markt.
Dasselbe Motiv gibt es auch im Kabinettformat mit einem etwas größeren Bildausschnitt. Der Karton gibt keinen Hinweis auf den Urheber, lässt sich jedoch aufgrund der obigen Abbildung Friedrich Miede zuordnen. Außerdem hat Miede derartig gestaltete Kartons nachweislich verwendet, dazu mehr weiter unten im Warnemünde-Abschnitt.
Das obere Bild des Rathauses ist einige Minuten später aufgenommen worden, gut zu erkennen an dem Schatten auf dem Gehweg vor dem Rathaus. Während auf dem oberen Bild der Schatten bereits an der linken Rathausecke „anschlägt“, ist auf dem unteren Bild noch etwas Platz. Aber woher kommt der Schatten? Dazu muss man noch einmal einen Blick auf das Bild von der Siegesfeier 1870/71 werfen. Den Schatten wirft die Siegessäule, die dort nur im Jahr 1871 stand.
Auch von diesem Bild gibt es eine zweite Variante, eine Postkarte.
Vom Rathaus wenden wir uns nach Süden und blicken in Richtung Steintor.
Es kann vermutet werden, dass die Buch- und Kunsthandlung Hermann Koch nach Miedes Ausstieg aus dem Berufsleben um 1900 dessen Stadtansichten übernahm und verlegte, auch als Ansichtskarten.
Jahrzehnte zuvor war es auf dem Neuen Markt noch etwas beschaulicher.
Wir schwenken noch ein Stück nach rechts und gehen eine kleine Gasse, den Ortsund hinunter in Richtung Hafen um und kurz danach Am Schilde angekommen noch einmal umzudrehen.
Abgebildet sind die Häuser Am Schilde 1 und 2, links davon die Straße An der Hege, rechts der Ortsund, der den Blick freigibt auf das Haus Neuer Markt 3, das an der Ecke zur Steinstraße steht. Auf der nächsten Abbildung sieht man zwischen den Häusern Neuer Markt 2 und 3 ein kleines Stück in die Steinstraße hinein.
Und bald danach sind wir am Ufer der Warnow.
Der Vierer mit Steuermann befindet sich an der Stelle, wo jetzt der AIDA-Erweiterungsbau steht, die Holzstapel dahinter liegen folglich dort, wo die beiden AIDA-Speicher stehen.
Und von dort ist es nicht mehr weit bis St. Petri.
Dieselbe Aufnahme mit einem anderen Ausschnitt:
Noch einmal kehren wir zurück zum Neuen Markt und gehen von dort zum Steintor.
Die Aufnahme lässt sich nur über die Nummer Friedrich Miede zuordnen. Sowohl die Schreibweise als auch die Zahl selbst sprechen allerdings sehr deutlich für Miede als Urheber.
Die nächsten drei Aufnahmen zeigen alle das Steintor von der Feldseite und weisen alle die Nummer „19“ auf, was einerseits für die Urheberschaft des obigen Bildes spricht und andererseits vermuten lässt, dass Miede gleiche Motive mit identischer Nummer versah, wobei die Aufnahmen selbst nicht identisch sein mussten. Es hat den Anschein, dass die drei folgenden Bilder am gleichen Tag kurz nacheinander entstanden. Alle Abzüge sind Kabinettformate.
Noch einmal zeitlich zurück zu den Feiern zum Sieg des Krieges 1870/71 am 15.06.1871. Vor dem Steintor war ein Siegestor aufgebaut, das Miede morgens fotografierte.
Schräg gegenüber vom Steintor stadtauswärts steht die Societät.
Die Straße rechts im Bild mit Gehweg und Kniegitter wurde Crumbiegel genannt und führte hinunter zum Friedrich-Franz-Bahnhof.
Vom Friedrich-Franz-Bahnhof geht es in Richtung Osten, auf den Mühlendamm.
Wasserheilanstalt und Brockelmannsche Speicher sind aus dem Stadtbild verschwunden. Zwischen den Gebäuden ist das Kegeldach des Lagebuschturms zu erkennen.
Friedrich Miede fotografierte auch in Warnemünde.
Die beiden Häuser sind die heutigen Hausnummern Am Leuchtturm 1 und 2.
Auf dem nächsten Bild steht auf dem zweiten Schuppen von links: Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.
Das Bild weist O. Klaunig als Fotografen bzw. Verleger aus: „O. KLAUNIG früher F. MIEDE WARNEMÜNDE“. Daraus kann man schließen, dass Miede in Warnemünde ein Atelier oder wahrscheinlicher im Sommer eine Strandbude hatte. Die Bude wurde von Klaunig wohl um 1895 übernommen. Die sommerliche Tätigkeit Miedes in Warnemünde würde auch teilweise erklären, warum so wenige Porträtaufnahmen überliefert sind. Denn in Strandbuden wurden oft Ferrotypien gefertigt, die keine Urheberangabe aufweisen. Allein von Stadtbildfotografie kann Miede nicht existiert haben.
Auch in Ludwigslust hat Miede fotografiert:
Friedrich Miede hat einen Jahrgangskarton verwendet und machte so die Datierung einfach:
Zum Abschluss noch eine Porträtaufnahme.
Am 08.05.1906 starb Friedrich Miede in Rostock.